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Mit Autopilot durchs Getreide - Eine moderne Erntefahrt

Von: dpa

Meldung vom 31.07.2012

Ab Klasse 3  

Quiz von Susan Schädlich

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Bewertung:
Schönfeld (dpa) - Als Tobias Böttcher den Häcksler anschaltet, ist es vorbei mit der Gemütlichkeit. Unsere Sitze beginnen zu ruckeln, als würden wir über eine Buckelpiste rattern. Alles wackelt. Dabei parken wir am Feldrand. Wir sitzen in einem Mähdrescher. Sechs Stufen einer Leiter sind wir da hochgeklettert. Tür zu, Motor an. Gleich wollen wir zur Erntefahrt starten.

Noch tippt Tobias Böttcher auf einem Computerbildschirm herum, der rechts neben seinem Lenkrad ist. Der 23 Jahre alte Landwirt gibt ein, was wir gleich ernten werden: das Getreide Triticale. Das ist eine Kreuzung aus Weizen und Roggen. "Wenn ich jetzt 'okay' drücke, stellt der Drescher sich automatisch darauf ein", sagt Tobias Böttcher. Nun klickt er noch an, auf welchem Feld wir sind. So kann der Computer genau aufzeichnen, wo wie viel geerntet wurde. Und los geht's.

Durch die große Frontscheibe, die bis zu unseren Füßen reicht, sehen wir alles. Vorn dreht sich die knallrote Haspel. Das ist ein Rohr, so breit wie manch eine Straße, auf der zwei Autos nebeneinanderfahren. An dem Rohr hängen unzählige geknickte Drähte. Sie tippen die Getreideähren an den Köpfen an - so, dass sie zu uns hin kippen. Ein gezacktes Messer saust darunter hin und her und schneidet die Halme über dem Boden ab. Dahinter dreht sich ein dickes grünes Rohr und zieht alles ein. Hinter dem Fahrerhaus können wir sehen, wie die Körner aus einer Öffnung prasseln. Dort füllen sie einen Behälter.

Im Rückspiegel sehen wir eine riesige Staubwolke. Wo eben noch das Getreide hüfthoch stand, liegt nun zerstückeltes Stroh. Die Klimaanlage kühlt das Fahrerhaus auf 22 Grad. Tobias Böttcher lässt das Lenkrad los. "Wir fahren mit Autopilot", sagt er. Der Mähdrescher lenkt automatisch genau am ungemähten Getreide entlang. Das geht, weil zwei Laser in einem Schuhkarton-großen Kasten die ganze Zeit mit ihrem Licht hin und her tasten. "Ein Buch lesen kann ich jetzt trotzdem nicht", sagt Tobias Böttcher. "Ich muss aufpassen, dass keine großen Steine oder Müll im Feld liegen oder ob irgendwo Wildschweine tiefe Löcher hinterlassen haben."

Dann ertönt ein "Pling!". Der Computer warnt den Fahrer, dass der Getreidebehälter fast voll ist. Die gelb-braunen Körner haben den Behälter hinter unseren Köpfen komplett ausgefüllt. "Ich fange jetzt an zu blinken, dann kommt ein Abfahrer", sagt Tobias Böttcher. Er drückt einen Knopf und in der Warnleuchte dreht sich das orangefarbene Licht.

Kurz darauf fährt ein Traktor mit zwei Anhängern links neben uns. Über eine Art Schornstein spuckt unser Mähdrescher während der Fahrt das Korn in die Anhänger. In der letzten halben Stunde haben wir etwa sechs Tonnen Triticale-Körner geerntet. Das sind 6000 Kilogramm. So viel wiegen zwei Kleinbusse zusammen. Später wird der Abfahrer die Körner direkt zu einem Getreidehändler bringen und verkaufen. Tobias Böttcher fährt weiter. Nach diesem Feld kommt das nächste. Bis nachts um eins will er heute dreschen. Und morgen früh um sieben geht es wieder los. Wenn das Wetter mitspielt.
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