Hamburg (dpa) - Endlich Ferien. Viele freuen sich, wenn sie im Sommer mal einige Wochen Pause haben von der Schule. Vor rund 120 Jahren war die Freude bei vielen Schülerinnen und Schülern vielleicht noch größer. Denn damals herrschten im Unterricht oft knallharte Regeln. Wie es dort zuging, können Kinder in einem Schulmuseum ein wenig nachspielen. Zum Beispiel in Hamburg:
"Agnes! Steh gerade und zappel nicht so herum." Die Stimme klingt streng. Sie gehört einem Lehrer, der ärgerlich mit einem Stock auf den Tisch schlägt. Die zehnjährige Agnes duckt sich. Sie sieht eingeschüchtert aus. Kein Wunder. In diesem Klassenzimmer herrschen knallharte Regeln. Die Schülerinnen und Schüler müssen ihre Hände gefaltet auf den Tisch legen. Wer eine Frage beantworten soll, muss aufstehen.
Insgesamt gilt: Niemand darf irgendetwas ohne Erlaubnis des Lehrers tun. Das Ganze ist allerdings nicht echt! Sondern ein Rollenspiel. Agnes heißt eigentlich Camila. Sie ist mit ihrer Klasse
zu Besuch im Hamburger Schulmuseum. Hier probieren die Kinder aus, wie es in etwa vor rund 120 Jahren in vielen Schulen zuging. Der Lehrer heißt Peter Barske und arbeitet im Museum.
Im Rollenspiel vermittelt er den Kindern als Lehrer der alten Schule Respekt und Gehorsam. Die Schülerinnen und Schüler dürfen nicht einfach mit "Ja" antworten. Es muss heißen: "Jawohl, Herr Lehrer." Wer sich anpasst, bekommt Lob. Wer gegen Regeln verstößt, wird bestraft. Später sagt Peter Barske:
"Das Allerwichtigste war früher, dass die Schüler lernten zu gehorchen." So sollten sie darauf vorbereitet werden, als Erwachsene nicht aufzumucken. Denn damals war in Deutschland vieles anders.
In den Jahren 1871 bis 1918 herrschte ein Kaiser. Er hatte viel Macht. Die einfachen Menschen dagegen durften kaum mitbestimmen. Die Leute sollten den Kaiser bewundern und tun, was man ihnen sagte. Menschen mit einer eigenen Meinung und Mut zum Widerstand wären unbequem gewesen. Das hatte auch damit zu tun, dass das Militär eine wichtige Rolle spielte, sagt Peter Barske. Aus vielen Schülern sollten Soldaten werden. Und gerade die sollten Befehle befolgen.
Nicht alle Lehrer waren gleich streng. Aber der Gehorsam wurde oft richtig eingeprügelt. Die Schülerinnen und Schüler spielen das im Museum nach: Erna hat den Lehrer nicht auf der Straße gegrüßt. Zur Strafe bekommt sie Schläge mit dem Rohrstock. Die neunjährige Emily spielt Erna. Hinterher sagt sie: "Zuerst hatte ich Angst, dass er wirklich doll zuschlägt. Das war ja nicht so. Aber jetzt weiß ich, wie das war, wenn meine Oma als Kind Quatsch gemacht hat. Man hat schon etwas Angst." Der zehnjährige Marlon und andere Schüler sind sich einig: "Schlagen geht echt zu weit."
Wusstest du, dass ...? - Tafeln statt Hefte
Hamburg (dpa) - Wusstest du, dass Schulkinder vor rund 120 Jahren kaum Hefte oder gar Arbeitsblätter hatten? Die Mädchen und Jungen schrieben meist mit sogenannten Griffeln auf kleine Schiefertafeln. So ein Griffel war eine Art Kreidestift. Die Schrift konnten die Kinder mit einem Schwamm wieder wegwischen. Ihre Tafel rubbelten sie dann einfach trocken. Danach konnten sie etwas Neues schreiben. Papier war damals teuer. Es gab noch nicht so viel davon.
Welche Schule und wie lange? Eine Frage des Geldes
Hamburg (dpa) - Arm oder reich? Vor rund 120 Jahren entschied die Antwort stark darüber, wo ein Kind zur Schule ging. Und wie lange.
Ärmere Kinder gingen in sogenannte Volksschulen. Reichere Familien schickten ihren Nachwuchs oft in bessere Schulen, die auf ein längeres Lernen - und bessere Berufe - vorbereiteten. Diese Schulen waren teurer und damit für arme Leute unbezahlbar.
Auch die Schulzeit hing vom Geldbeutel ab. Es gab zwar eine allgemeine Schulpflicht. Danach mussten alle Mädchen und Jungen in Deutschland etwa bis zum Alter von 12, 13, 14 Jahren zum Unterricht gehen. Aber wer danach weiterlernen und zum Beispiel ein Gymnasium besuchen wollte, brauchte Geld. Er musste den Schulbesuch teuer bezahlen.
"Das war ungerecht", findet der Experte Peter Barske. "Ein Kind armer Eltern konnte schließlich genauso klug sein wie eins reicher Eltern." Aber oft blieb armen Kindern nichts übrig, als mit 13 oder 14 Jahren zu arbeiten. In schlecht bezahlten Jobs wie ihre Eltern.
Heute ist der Schulbesuch längst für alle Kinder gratis, auch am Gymnasium. Aber einige Experten sagen: Der Geldbeutel spielt beim Thema Schule noch immer eine Rolle. Kinder von wohlhabenden Eltern, die studiert haben, gehen viel eher auf ein Gymnasium als Kinder von Eltern mit weniger Geld.
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Hamburg (dpa) - Endlich Ferien. Viele freuen sich, wenn sie im Sommer mal einige Wochen Pause haben von der Schule.
Vor rund 120 Jahren war die Freude bei vielen Schülerinnen und Schülern vielleicht noch größer. Denn damals herrschten im Unterricht oft knallharte Regeln. Wie es dort zuging, können Kinder in einem Schulmuseum ein wenig nachspielen. Zum Beispiel in Hamburg:
"Agnes! Steh gerade und zappel nicht so herum." Die Stimme klingt streng. Sie gehört einem Lehrer, der ärgerlich mit einem Stock auf den Tisch schlägt. Die zehnjährige Agnes duckt sich. Sie sieht eingeschüchtert aus. Kein Wunder. In diesem Klassenzimmer herrschen knallharte Regeln. Die Schülerinnen und Schüler müssen ihre Hände gefaltet auf den Tisch legen. Wer eine Frage beantworten soll, muss aufstehen.
Insgesamt gilt: Niemand darf irgendetwas ohne Erlaubnis des Lehrers tun. Das Ganze ist allerdings nicht echt! Sondern ein Rollenspiel. Agnes heißt eigentlich Camila. Sie ist mit ihrer Klasse
zu Besuch im Hamburger Schulmuseum. Hier probieren die Kinder aus, wie es in etwa vor rund 120 Jahren in vielen Schulen zuging. Der Lehrer heißt Peter Barske und arbeitet im Museum.
Im Rollenspiel vermittelt er den Kindern als Lehrer der alten Schule Respekt und Gehorsam. Die Schülerinnen und Schüler dürfen nicht einfach mit "Ja" antworten. Es muss heißen: "Jawohl, Herr Lehrer." Wer sich anpasst, bekommt Lob. Wer gegen Regeln verstößt, wird bestraft. Später sagt Peter Barske: "Das Allerwichtigste war früher, dass die Schüler lernten zu gehorchen." So sollten sie darauf vorbereitet werden, als Erwachsene nicht aufzumucken. Denn damals war in Deutschland vieles anders.
In den Jahren 1871 bis 1918 herrschte ein Kaiser. Er hatte viel Macht. Die einfachen Menschen dagegen durften kaum mitbestimmen. Die Leute sollten den Kaiser bewundern und tun, was man ihnen sagte. Menschen mit einer eigenen Meinung und Mut zum Widerstand wären unbequem gewesen. Das hatte auch damit zu tun, dass das Militär eine wichtige Rolle spielte, sagt Peter Barske. Aus vielen Schülern sollten Soldaten werden. Und gerade die sollten Befehle befolgen.
Nicht alle Lehrer waren gleich streng. Aber der Gehorsam wurde oft richtig eingeprügelt. Die Schülerinnen und Schüler spielen das im Museum nach: Erna hat den Lehrer nicht auf der Straße gegrüßt. Zur Strafe bekommt sie Schläge mit dem Rohrstock. Die neunjährige Emily spielt Erna. Hinterher sagt sie: "Zuerst hatte ich Angst, dass er wirklich doll zuschlägt. Das war ja nicht so. Aber jetzt weiß ich, wie das war, wenn meine Oma als Kind Quatsch gemacht hat. Man hat schon etwas Angst." Der zehnjährige Marlon und andere Schüler sind sich einig: "Schlagen geht echt zu weit."
Wusstest du, dass ...? - Tafeln statt Hefte
Hamburg (dpa) - Wusstest du, dass Schulkinder vor rund 120 Jahren kaum Hefte oder gar Arbeitsblätter hatten? Die Mädchen und Jungen schrieben meist mit sogenannten Griffeln auf kleine Schiefertafeln. So ein Griffel war eine Art Kreidestift. Die Schrift konnten die Kinder mit einem Schwamm wieder wegwischen. Ihre Tafel rubbelten sie dann einfach trocken. Danach konnten sie etwas Neues schreiben. Papier war damals teuer. Es gab noch nicht so viel davon.
Welche Schule und wie lange? Eine Frage des Geldes
Hamburg (dpa) - Arm oder reich? Vor rund 120 Jahren entschied die Antwort stark darüber, wo ein Kind zur Schule ging. Und wie lange.
Ärmere Kinder gingen in sogenannte Volksschulen. Reichere Familien schickten ihren Nachwuchs oft in bessere Schulen, die auf ein längeres Lernen - und bessere Berufe - vorbereiteten. Diese Schulen waren teurer und damit für arme Leute unbezahlbar.
Auch die Schulzeit hing vom Geldbeutel ab. Es gab zwar eine allgemeine Schulpflicht. Danach mussten alle Mädchen und Jungen in Deutschland etwa bis zum Alter von 12, 13, 14 Jahren zum Unterricht gehen. Aber wer danach weiterlernen und zum Beispiel ein Gymnasium besuchen wollte, brauchte Geld. Er musste den Schulbesuch teuer bezahlen.
"Das war ungerecht", findet der Experte Peter Barske. "Ein Kind armer Eltern konnte schließlich genauso klug sein wie eins reicher Eltern." Aber oft blieb armen Kindern nichts übrig, als mit 13 oder 14 Jahren zu arbeiten. In schlecht bezahlten Jobs wie ihre Eltern.
Heute ist der Schulbesuch längst für alle Kinder gratis, auch am Gymnasium. Aber einige Experten sagen: Der Geldbeutel spielt beim Thema Schule noch immer eine Rolle. Kinder von wohlhabenden Eltern, die studiert haben, gehen viel eher auf ein Gymnasium als Kinder von Eltern mit weniger Geld.