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Mauerfall: Durch eiskaltes Wasser in die Freiheit

Von: dpa

Meldung vom 10.11.2014

Ab Klasse 4  

Quiz von Silke Fokken

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Berlin (dpa) - Endlich keine Mauer mehr! Am 9. November 2014 wird in Berlin gefeiert. An diesem Tag ist es genau 25 Jahre her, dass die streng bewachte Grenze zwischen Ost und West geöffnet wurde. Jahrelang hatte sie die Menschen in Berlin und ganz Deutschland voneinander getrennt. Wer vom Osten in den Westen wollte, dem blieb meist nur die Flucht. So wie Hubert Hohlbein. Er ließ sich auf ein gefährliches Abenteuer ein, um die Grenze zu überwinden.

Rund 50 Jahre ist die Flucht von Hubert Hohlbein her. Aber er erinnert sich noch genau: Tiefschwarz liegt der Himmel über dem Wasser an diesem 21. November. Der Wind weht leicht und es ist kühl. Diese ungemütliche Nacht hat sich Hubert Hohlbein ausgesucht. Er macht sich auf in ein neues Leben - mit einem Taucheranzug und einem Schnorchel. Vor ihm liegt das dunkle Wasser. Und dort hinten, bei der erleuchteten Brücke, ist das Ziel: der Westen. Damals gab es zwei deutsche Staaten: die Bundesrepublik Deutschland im Westen und die Deutsche Demokratische Republik, kurz DDR, im Osten. Zwischen beiden Staaten verlief eine Grenze.

Diese Grenze ließ die Regierung der DDR streng bewachen. Sie wollte verhindern, dass Menschen in den Westen auswanderten. Deshalb ließ sie Wachtürme, Zäune und sogar eine hohe Mauer bauen - mitten durch die Stadt Berlin. Fliehen war lebensgefährlich. Flüchtlinge mussten fürchten, entdeckt und verhaftet, verletzt oder auch getötet zu werden. Trotzdem versuchten es viele Menschen. Hubert Hohlbein war damals 21 Jahre alt. Für seine Flucht suchte er sich einen See an der Grenze aus. Auch der wurde natürlich bewacht. Gegen Mitternacht macht sich Hubert Hohlbein auf den Weg. "Angst? Nee, die hatte ich nicht. Sonst hätte ich es gar nicht erst versucht", erinnert er sich. Hubert Hohlbein schnorchelt los. Schlägt möglichst ruhig mit den Schwimmflossen, damit er bloß nicht auffällt.

Um Hubert Hohlbeins Körper hängt ein Bleigürtel, der ihn tief im Wasser liegen lässt. In der Finsternis heißt es: Bloß nicht in die falsche Richtung abtreiben! "Ich habe mich die ganze Zeit auf die erleuchtete Brücke konzentriert", erzählt Hubert Hohlbein. "Einmal glitt Licht von Scheinwerfern der DDR-Grenzsoldaten übers Wasser - aber sie haben mich nicht gesehen." Anderthalb Stunden schnorchelt er. Dann liegt es vor ihm: das Ufer von West-Berlin. Etwa zweihundert Meter von der Brücke entfernt krabbelt Hubert Hohlbein an Land. Völlig erschöpft, aber glücklich. Er läuft zur Brücke, wo ihn Polizisten aus dem Westen in Empfang nehmen. "Sie haben mir gratuliert. Und mich sofort in Decken gehüllt", sagt Hubert Hohlbein. Er ist inzwischen 73 Jahre alt. Ob er es heute wieder genau so machen würde? "Auf jeden Fall", sagt Hubert Hohlbein. Denn diese Nacht des 21. Novembers 1963 bedeutete für ihn: die Freiheit.
Von Alexandra Stober, dpa
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